Ausnahmsweise kann der fließende Verkehr auf öffentlichen Parkplätzen darauf vertrauen, dass aus einem Stellplatz ein- oder ausfahrende Verkehrsteilnehmer warten.

Dies kommt dann in Betracht, wenn die Fahrspuren zwischen den Parkplätzen Straßencharakter haben und vorrangig der Zu- und Abfahrt von Fahrzeugen dienen. Dies hat das OLG Hamm in einem Urteil vom 29.08.2014, Aktenzeichen 9 U 26/14, entschieden.

In dem entschiedenen Fall befuhr der Lastzug des Klägers auf dem an der A 44 gelegenen Rastplatz Eringerfeld in Geseke den zur Autobahnauffahrt führenden Zufahrtsweg. An diesen grenzen rechts 18 schräg angeordnete Lkw-Stellplätze an, von den jeweils die Einfahrt in die Zufahrtsstraßen möglich ist. Auf dem letzten Stellplatz rangierte der Fahrer des Lastzuges der Beklagten Transportfirma. Es kam zur Kollision, als der klägerische Lastzug den Lastzug der Beklagten passieren wollte.


Die Haftpflichtversicherung des beklagten Lkw zahlte vorgerichtlich lediglich 50% des Schadens. Im Prozess machte der Kläger die restlichen 50% geltend.

Der IX. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Klage stattgegeben.

Das OLG Hamm hat ausgeführt, dass auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen die Regelungen der Straßenverkehrsordnung anzuwenden sind. Der Parkplatz dient allerdings dem ruhenden Verkehr. Deshalb treffe der Ein- oder Ausparkende in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. In dem besonderen Verhältnis dieser Verkehrsteilnehmer auf einem Parkplatz gelte kein Vertrauensgrundsatz zu Gunsten des „fließenden“ Verkehrs gegenüber einem dann wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden.

Etwas anderes könne jedoch dann gelten, wenn die zwischen den Parkplätzen angelegten Fahrspuren eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen, sondern der Zu- und Abfahrt dienen. Bei baulich mit größerer Breite ausgestalteten Zufahrtsstraßen könne § 10 StVO zur Anwendung kommen. Nach dieser Vorschrift sei von dem Ausparkenden zu verlangen, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Damit sei dem fließenden Verkehr auf der Zufahrtsstraße der Vorrang einzuräumen.

In dem konkreten Fall bejahte das OLG den Charakter einer derartigen bevorrechtigen Zufahrtsstraße, so dass der beklagte Lastzug gegenüber dem klägerischen Lastzug wartepflichtig gewesen sei. Da sich ein Verschulden des klägerischen Fahrers nicht feststellen lasse, sei es angesichts des schwerwiegenden Verschuldens des Fahrers der Beklagten gerechtfertigt, allein die Beklagte für den Unfall haften zu lassen.

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