I. Einleitung

Oft werden lediglich die familienrechtlichen Folgen einer Scheidung, so etwa Unterhalt für den Ehepartner und die gemeinsamen Kinder, Verteilung von Vermögen und Hausrat im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Scheitern der Ehe geregelt. Erbrechtliche Fragen treten oft, angesichts der Vielzahl der Probleme, in den Hintergrund. Im Folgenden sollen erläutert werden, welche Folgen und Risiken im Scheidungsfall in erbrechtlicher Hinsicht bestehen.

 

II. Problemstellung

Ist die Ehe gescheitert, wollen die Ehepartner regelmäßig nicht, dass der andere Ehegatte im Falle des Falles Erbe wird.

1. Problem 1: Unmittelbare Erbschaft von und durch den Ehegatten

Alleine die Trennung führt aber weder dazu, dass das gesetzliche Ehegattenerbrecht wegfällt, noch dazu das ein (gemeinsames) Testament unwirksam wird. Das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist (erst dann) ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, § 1933 S. 1 BGB. Konsequenz an dieser Stelle ist zunächst, dass ein potentieller Erblasser entweder einen eigenen Scheidungsantrag stellt, oder der Scheidung zustimmt.

Auch ein Testament wird nicht per se durch die Trennung unwirksam. Eine letztwillige Verfügung (Testament), durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, § 2077 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB. Auch hier wäre daher über eine Aufhebung des Testamentes nachzudenken. Dies führt jedoch nicht zur Vermeidung des gesetzlichen Erbrechtes und damit von Pflichtteilsansprüchen, so dass auch über einen Scheidungsantrag oder der Zustimmung zum Scheidungsantrag zu entscheiden ist.

Anders sieht dies bei einem Ehegattentestament aus, also wenn die Ehegatten in ein und derselben Urkunde gemeinschaftlich ein Testament errichten. Dann gilt nach § 2268 BGB zwar auch die vorgenannte Regelung des § 2077 BGB. Ein Testament wird unwirksam. Etwas anders gilt aber nach § 2077 Abs. 2 BGB für den Fall, dass sich aus dem Testament ergibt, dass die Beteiligten trotz Scheidung, ihre Verfügungen aufrechterhalten wollen. Es besteht daher bei einem Ehegattentestamt das Risiko, dass dieses so ausgelegt wird, dass die dort enthaltenden Verfügung von Todes wegen auch nach der Scheidung wirksam sein soll.

Fazit: Bereits vor der Scheidung besteht unter Umständen Handlungsbedarf, um die Vermögensnachfolge für Fall der Fälle zu regeln. Solange der Wegfall des Ehegattenerbrechts nicht sicher ist, besteht immer die Gefahr, dass der andere Ehegatte am Nachlass partizipiert, und zwar vermittelt

2. Problem 2: Mittelbares Erbe durch gemeinsame Kinder

Ein weiteres Problem kann entstehen, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind. Grundsätzlich wären diese, als direkte Nachkommen gesetzliche Erben, §§ 1922, 1924, 1930 BGB. Solange kein (neuer) Ehegatte vorhanden ist, Erben die Kinder alleinige Erben.

Hier muss sich der Erblasser vor Augen halten, dass auch dieses Kind vor dem geschiedenen Ehegatten sterben kann. Gesetzliche Erbe der gemeinsamen Kinder sind aber, wenn diese kinderlos und unverheiratet sind, die Eltern, § 1925 BGB. Das Vermögen kann daher - über den „Umweg“ Kind, wieder bei dem Ex-Ehegatten ankommen.

 

III. Abhilfe: Das Geschiedenentestament

Die geschilderten Probleme will das Geschiedenentestament vermeiden helfen, wobei grundsätzlich zwei Gestaltungslösungen von der Praxis herausgearbeitet wurden. Beide helfen, die unerwünschte Teilhabe des anderen Elternteils am Nachlass des zuerst Versterbenden zu verhindern.

1. Nacherbfolgelösung

Bei dieser Lösung wird das eigene Kind zum Vorerben eingesetzt, Nacherben sollen dann dessen eigene Kinder oder Verwandte werden.

Im Todesfall wird das Kind dann Vorerbe. Folge ist dass der Nachlass zum Sondervermögen des Kindes wird, welcher nicht an den anderen Elternteil vererbt werden kann. Tritt die Bedingung des Nacherbfalls ein (z.B. Tod des Kindes), so geht dieses Sondervermögen als Ganzes auf den Nacherben über. Dies gilt selbst dann, wenn das Kind testierfähig ist und den anderen Elternteil zum Erben bestimmt. Das Kind vererbt nämlich nur sein eigenes Vermögen. Die Vorerbschaft ist aber das Vermögen des Elternteils und geht auf den Nacherben über.

Diese Lösung hat also den Vorteil, dass das Kind selbst keinen Einfluss nehmen kann und der geschiedene Ehegatte nicht an dem Vermögen partizipieren kann. Es bestehen aber auch erheblich Nachteile: Solange das betreffende Kind lebt, unterliegt es Verfügungsbeschränkungen. Dies schließt zwar Schenkungen an den überlebenden anderen Elternteil aus, schränkt das Kind jedoch auch erheblich ein. Ein praktisches Problem wird immer dann eintreten, wenn die Vorerbschaft auf längere Dauer beim Kind verblieben ist. In der Praxis führt dies zu Streit darüber, was nun alles zum Erbe gehört oder auch nicht.

2. Vermächtnislösung

Zur Vermeidung der Verfügungsbeschränkungen, von denen teilweise keine Befreiung erfolgen kann (z.B. in Bezug auf Schenkungen, § 2113 Abs. 2 BGB i.V.m. 2136 BGB) bietet sich als Alternativlösung für das Geschiedenentestament ein Herausgabe- oder Universalvermächtnis an.

Bei dieser Variante wird das Kind sofort Vollerbe. Es kann allein über die Erbschaftsgegenstände verfügen, sogar Schenkungen vornehmen. Außerdem verbleibt ein größerer Spielraum bei Regelungen für den Fall, dass das Kind den Nachlass des erstversterbenden Elternteils seinerseits (jedoch nicht an den Ex- Ehegatten) vererben will.

Die Erbschaft ist aber mit einem Herausgabevermächtnis belastet. Mit dem Tod des Kindes wird ein Vermächtnis gegenüber dessen Erben, am gesamten Nachlass des erstversterbenden Elternteils fällig („Supervermächtnis“). Weiter wird das Vermächtnis mit der Bedingung verknüpft, dass der andere Elternteil noch lebt.

Der Vermächtnisnehmer kann vom Erblasser bestimmt werden. In Betracht kommt jede Person, regelmäßig sind es die Abkömmlinge oder sonstige Verwandte des Kindes.

Vorteil ist, dass dieses Herausgabevermächtnis eine Nachlassverbindlichkeit darstellt. Sie wird daher bei einem etwaigen Pflichtteilsanspruch des anderen Elternteils komplett abgezogen. Folge ist, dass der überlebende Elternteil gegenüber dem Kind keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen kann. Der Grundsatz, dass Vermächtnisse bei Pflichtteilsberechnungen nicht berücksichtigt werden, gilt hier deshalb nicht, weil das Vermächtnis nicht von dem verstorbenen Kind, sondern von dem anderen Elternteil und damit einer dritten Person herrührt.

3. Vermögenssorge als begleitende Maßnahme

Durch die obigen Regelungen wird nicht verhindert, dass dem geschiedenen Ehegatten nach dem Tod des anderen die alleinige elterliche Sorge zusteht. Er verwaltet daher das geerbte Vermögen verwaltet.

a) Lösung: Entzug des Vermögensverwaltungsrechts

Der Erblasser kann für alles, was von ihm erbrechtlich übergeht, das elterliche Vermögensverwaltungsrecht auszuschließen, § 1638 BGB. Eine Begründung ist nicht erforderlich, es bedarf lediglich der einseitigen Anordnung durch den Erblasser. Dies bewirkt, dass dem Kind durch das Familiengericht ein Ergänzungspfleger beiseite gestellt wird. Der Erblasser hat dabei die Möglichkeit, den Pfleger selbst zu bestimmen. An diese Auswahl ist das Familiengericht in der Regel gebunden.

b) Lösung: Verwaltungsanordnungen

Als mildere Maßnahme können dem anderen Elternteil auch Vorgaben zur Vermögensverwaltung gegeben werden, § 1639 BGB. Dies wird jedoch nur schwer zu kontrollieren sein. Zwar sind Abweichungen nur mit familiengerichtlicher Zustimmung zugelassen. Werden die Maßnahmen dort jedoch gar nicht erst bekannt, fehlt es aber an eben dieser Kontrollmöglichkeit.

 

IV. Aktuelle Literatur

Sein, Ingo, Das Geschiedenentestament, in: FamFR2012, 363 ff. Sarres, Ernst, Das Scheidungsmandat: Erbrechtliche Interventionen durch Gestaltung, in: FamFR 2012, 387

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