Die po­li­zei­li­che Kon­trol­le eines Bahn­rei­sen­den ist ver­fas­sungs­wid­rig, wenn sie auf­grund sei­ner Haupt­far­be er­folgt.

Das hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Dres­den ent­schie­den und der Klage eines aus Gui­nea stam­men­den Man­nes statt­ge­ge­ben. Die im März 2018 durch Bun­des­po­li­zis­ten im Chem­nit­zer Haupt­bahn­hof durch­ge­führ­te Per­so­nen­kon­trol­le sei, ein­schlie­ß­lich der damit ver­bun­de­nen "Iden­ti­täts­fest­stel­lung, Ver­brin­gung auf die Dienst­stel­le, Fi­xie­rung sowie kör­per­li­che Durch­su­chung, Durch­su­chung von Sa­chen und An­wen­dung von un­mit­tel­ba­rem Zwang", rechts­wid­rig ge­we­sen.

 

Unterschiedliche Angaben zum Vorfall

Der Kläger wartete am fraglichen Tag mit einem Mitbewohner in der Bahnhofshalle auf seinen Zug zur Heimfahrt. Er und sein Begleiter wurden von einer Streife der Bundespolizei zur Durchführung einer Personenkontrolle angesprochen. Darüber, wie sich der darauffolgende Vorfall im Einzelnen abgespielt hat, machten die Beteiligten unterschiedliche Angaben. Der Kläger gab an, dass ihm die Beamten bereits unfreundlich entgegengetreten seien und seinen Ausweis verlangt hätten. Er habe wissen wollen, warum ausgerechnet er und sein Begleiter kontrolliert werden sollten. Demgegenüber gaben die Polizisten an, dass der Kläger behauptet habe, keinen Ausweis zu besitzen und sie als "Rassisten" beschimpft habe.

Blessuren auf beiden Seiten

Der Mann wurde laut Gericht im Verlauf der folgenden Auseinandersetzung zu Boden gebracht, fixiert, zur Identitätsfeststellung auf die Wache geschafft und dort nach etwa zwei Stunden wieder freigesetzt, nachdem bei einer Durchsuchung seines Rucksacks seine Personalpapiere gefunden worden waren. Nach den Angaben der Beteiligten sollen sowohl der Kläger, als auch die Beamten Blessuren davongetragen haben. Im März 2019 klagte der Kläger auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der gegen ihn getroffenen Maßnahmen.

VG: Auswahl des Klägers war ermessensfehlerhaft

Das VG Dresden hat zugunsten des Klägers entschieden. Zwar sei die Bundespolizei im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit unter anderem "zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet" im Bahnhofsbereich unter bestimmten Umständen befugt, "jede Person kurzzeitig" anzuhalten, zu befragen und zu verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung ausgehändigt werden, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen. Hier sei aber, selbst wenn man davon ausgehe, dass alle in der Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen erfüllt gewesen seien, die "Auswahl des Klägers als zu kontrollierende Person nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweiserhebung als ermessensfehlerhaft anzusehen", so das Gericht .

Kein Anlass für Kontrolle – Gegenbeweis nicht erbracht

Der Kläger und sein Begleiter hätten aufgrund ihres Verhaltens oder anderer Auffälligkeiten keinen Anlass zur Kontrolle gegeben, heißt es im Urteil weiter. Es sei vor diesen Hintergrund Sache der Beklagten gewesen, darzulegen und zu beweisen, dass die Kontrolle des Klägers nicht lediglich aufgrund einer Anknüpfung an seine Hautfarbe und damit unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG erfolgte. Dies sei der Beklagten nicht gelungen.

Kläger durfte Herausgabe seines Ausweises verweigern

Daher durfte das VG Dresden laut eigener Angabe davon ausgehen, dass die Hautfarbe des Klägers für den Entschluss, ihn einer Befragung und Kontrolle zu unterziehen, zumindest mitursächlich gewesen ist und nicht festgestellt werden kann, dass die Maßnahme auch ohne diesen Aspekt in gleicher Weise durchgeführt worden wäre. Der Kläger habe daher die Herausgabe seiner Papiere zu Recht verweigern können, sodass auch sämtliche danach gegen ihn ergriffenen Maßnahmen rechtswidrig gewesen seien (Urt. v. 18.01.2022 - 6 K 438/19).

 

Quelle: VG Dresden

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