Die Po­li­zei­hoch­schu­le darf einen an­ge­hen­den Po­li­zei­be­am­ten wegen Zwei­feln an sei­ner cha­rak­ter­li­chen Eig­nung ent­las­sen

, wenn er – wenn auch weit­ge­hend pas­siv – Mit­glied einer Whats­App-Grup­pe war, in der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche, an­ti­se­mi­ti­sche, ras­sis­ti­sche, ge­walt­ver­herr­li­chen­de und frau­en­ver­ach­ten­de Kom­men­ta­re und Bil­der ge­teilt wur­den. Dies hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Frei­burg ent­schie­den und den Eil­an­trag eines Po­li­zei­meis­ter­an­wär­ters ab­ge­lehnt.

 

Mitglied in WhatsApp-Gruppe "Pozilei bad boys"

Der entlassene Polizeimeisteranwärter bei der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen war gemeinsam mit sechs weiteren Klassenkameraden Mitglied einer WhatsApp-Gruppe mit dem Namen "Pozilei bad boys". In der Gruppe wurden neben Nachrichten zu Ausbildungs- und Freizeitthemen unter anderem Hitlerportraits, das Hakenkreuzsymbol sowie antisemitische, rassistische, gewaltverherrlichende und frauenfeindliche Bilder und Texte verschickt.

Entlassung wegen charakterlicher Mängel

Nach Bekanntwerden der WhatsApp-Gruppe und seiner Inhalte entließ die Polizeihochschule den Polizeimeisteranwärter aus dem Polizeivollzugsdienst. Sie begründete dies mit Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung. Auch wenn er in der Gruppe weder Administrator noch treibende Kraft gewesen sei, habe er Beiträge geschrieben, kommentiert und mitgelesen. Damit habe er rechtes, antisemitisches und frauenfeindliches Gedankengut toleriert. Dies sei mit der Vorbildfunktion als angehender Polizeibeamter nicht vereinbar. Der entlassene Polizeimeisteranwärter wendete hiergegen ein, er habe die Beiträge der anderen nicht genau gelesen und sei auch mit ihrem Inhalt nicht einverstanden gewesen.

VG hält Zweifel an charakterlicher Eignung für begründet

Das VG lehnte den Eilantrag ab. Beamte auf Widerruf wie der Polizeimeisteranwärter könnten entlassen werden, wenn berechtigte Zweifel an ihrer persönlichen oder fachlichen Eignung bestünden. Die Polizeihochschule habe die Entlassung – nach der im Eilverfahren vorzunehmenden überschlägigen gerichtlichen Prüfung – voraussichtlich zu Recht auf Zweifel an der charakterlichen und damit persönlichen Eignung gestützt. Für die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilung der charakterlichen Eignung sei die Einschätzung entscheidend, inwieweit ein Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werde.

Nichtaustreten aus Gruppe wird Polizisten zum Verhängnis

Von einem Polizeibeamten sei dabei zu erwarten, dass er zu jeder Zeit und ohne jeden Vorbehalt für die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Grundwerte eines friedlichen Zusammenlebens eintrete. Damit einher gehe nicht nur das Verbot von gegen die Verfassung gerichteten Taten, sondern auch eine Pflicht zum aktiven Handeln. Es sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass die Polizeihochschule dem entlassenen Polizeimeisteranwärter vorhalte, er sei weder aus der WhatsApp-Gruppe ausgetreten, noch habe er in der Gruppe zu erkennen gegeben, dass er das dort dokumentierte Gedankengut nicht teilt, sondern im Gegenteil sogar einige Beiträge kommentiert.

Aktives Tätigwerden für Grundwerte zu erwarten

Indem er die nationalsozialistischen, antisemitischen, rassistischen, gewaltverherrlichenden und frauenverachtenden Äußerungen, Symbole und Bilder hingenommen und vereinzelt ohne jede Distanzierung kommentiert habe, habe er sie verharmlost und bagatellisiert, betont das VG. Es sei von ihm auch bereits in der Ausbildungszeit zu erwarten gewesen, dass er sich aktiv für die Grundwerte des gesellschaftlichen Zusammenlebens einsetze und sich dem widersprechenden Verhalten gerade innerhalb des Kollegenkreises entgegenstelle. Damit begründe bereits das Hinnehmen und kritiklose Kommentieren die berechtigten Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeiberuf, ohne dass es der Feststellung einer gefestigten eigenen rechtsextremen Überzeugung des entlassenen Polizeimeisteranwärters bedürfe.

Beschwerde ist möglich

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller kann Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen (Beschl. v. 19.10.2020 - 3 K 2398/20). 

 

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