Einschränkungen von Grundrechten in Zeiten von Corona.

Die Corona-Krise dauert erst wenige Wochen an und doch sind bereits zahlreiche Gerichtsentscheidungen zur Frage der Beeinträchtigungen von Grundrechten ergangen. Ein - nicht abschließender - Überblick:

 

Art 4 GG

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Über das Verbot von Gottesdiensten hatte das Bundesverfassungsgericht am 29.04.2020 zu entscheiden (AZ: 1 BvQ 44/20). Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Glaubensfreiheit sah es das Gericht als nicht gerechtfertigt an, dass Gottesdienste und religiöse Zusammenkünfte generell verboten sind. So müsse es möglich sein, durch Sicherungsmaßnahmen weniger einschneidende Lösungen zu finden und Gottesdienste zu ermöglichen. Denkbar sind etwa die Beschränkung der Anzahl der Personen, die Einhaltung von Mindestabständen und das Tragen eines Mundschutzes.

 

Art 6 GG

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Einen Verstoß gegen Art 6 GG attestierte das VG Hamburg der dortigen Coronavirus-Eindämmungsverordnung (VG Hamburg 11 E 1630720). So war nach der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Hamburg vom 02.04.2020 in der Fassung vom 09.04.2020 Eltern der Besuch und das Betreten von besonderen Formen von Kinderschutzeinrichtungen untersagt. Ausnahmen waren nicht vorgesehen. Hiergegen wendete sich eine Mutter erfolgreich mit Ihrem Antrag vor dem VG Hamburg, der aufgrund dieser Verordnung der persönliche Besuch der eigenen Kinder nicht mehr möglich war. Das ausnahmslose Verbot, die eigenen Kinder in Kinderschutzeinrichtungen zu besuchen, verletzt Eltern in ihren Grundrechten, indem es zu einem kompletten Kontaktabbruch führt.

 

Art 8 GG Versammlungsfreiheit

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Zahlreichen Verordnungen der Länder zur Bekämpfung des Corona-Virus enthalten Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. Dabei wird den Versammlungsbehörden zum Schutz der Versammlungsfreiheit ein Entscheidungsspielraum eingeräumt. Dennoch wurden in der Folge zahlreiche Versammlungen untersagt. So wendete sich ein Beschwerdeführer dessen Versammlung mit dem Motto „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen - Schutz vor Viren, nicht vor Menschen" verboten worden war, nach erfolglosen Anträgen vor den Instanzgerichten an das Bundesverfassungsgericht. Dieses sah den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 8 GG verletzt. So müsse im Rahmen des eingeräumten Ermessens – welches vorliegend erkennbar nicht ausgeübt worden war – die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit berücksichtigt werden (BVerfG Beschluss vom 15.04.2020, Az.: 1 BvR 818/20).

 

Art 12  GG

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Über den Eilantrag eines Fitnessstudio-Betreibers hatte das BVerfG am 28.04.2020 zu entscheiden (1 BvR 899/20). So war in Baden-Württemberg der Betrieb von Fitnessstudios durch die dortige Corona-Verordnung bis zum 03.05.2020 verboten worden. Den Eilantrag lehnten die Richter zwar ab, sahen aber einen „schwerwiegenden und teilweise irreversiblen Eingriff" in die Berufsfreiheit "mit erheblich nachteiligen wirtschaftlichen Folgen". In der Abwägung mit den Gefahren für Leib und Leben müssen diese Interessen aber derzeit zurücktreten. Gleichwohl sehen die Richter das Verfahren in der Hauptsache nicht als aussichtslos an. Entscheidend sei, dass die Regelung befristet ist und der Verordnungsgeber immer wieder unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen entscheiden müsse.

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