Wurde ein Verbraucherdarlehen durch die Bank außerordentlich gekündigt, kann eine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung u.U. zurück gefordert werden.

I. Die Ausganslage

Wird ein Darlehen nicht bedient, nimmt dies der Darlehensgeber (Bank) regelmäßig zum Anlass - nach erfolgter Mahnung - dieses zu kündigen. Der restliche Darlehensbetrag wird dann gesamtfällig gestellt und von der Bank eingefordert. Darüber hinaus werden auch Gebühren, Vorfälligkeitsentschädigung und Verzugszinsen geltend gemacht.

 

II. Die Rechtsprechung des BGH

Wer in der Vergangenheit in solchen Fällen Verzugszinsen und eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt hat, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nun nach § 812 BGB zurück fordern. Denn nach der Rechtsprechung des BGH besteht ein Anspruch der Bank hierauf nicht. Wurde gezahlt, hat die Bank rechtsgrundlos etwas erlangt und muss dies zurück erstatten.

Betroffenen Bankkunden steht dann ein Bereicherungsanspruch aus Leistungskondiktion zu. Diese sind zwar grundsätzlich in vollem Umfang beweispflichtig für die Tatsachen, aus denen sie die von ihnen begehrte Rechtsfolge herleiten, somit auch für das behauptete Nichtbestehen eines Rechtsgrundes der erbrachten Leistung. Jedoch kann  sich der Bankkunde in solchen Fällen regelmäßig darauf beschränken, die vom Schuldner (hier Bank) - auch hilfsweise - behaupteten Rechtsgründe auszuräumen ( BGH, NJW-RR 1995, 130 = ZIP 1995, 456, BGH NJW-RR 2004, 556.); denn dem als Bereicherungsschuldner in Anspruch Genommenen obliegt eine - nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls gesteigerte - sekundäre Behauptungslast dahingehend, dass von ihm im Rahmen des Zumutbaren insbesondere das substanziierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positivum sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden kann (vgl. BGH, NJW 1999, 2887; BGH NJW-RR 2004, 556).

Bankkunden werden daher zunächst nur vorzutragen haben, dass ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung neben dem Anspruch auf Verzugszinsen nicht besteht. Dies dürfte dem Bankkunden einfach fallen. So hat der Bundesgerichtshof mittlerweile entschieden, dass neben Verzugszinsen bei Kündigung eines Darlehensvertrages nicht zusätzlich noch eine Vorfälligkeitsentschädigung gefordert werden kann (BGH 17.01.2013 - XI ZR 512/11 = BeckRS 2013, 01968).

Zwar war es bislang im Schrifttum und Rechtsprechung unstreitig, dass nach Kündigung eines Darlehens auch eine Vorfälligkeitsentschädigung als Schadenersatz gefordert werden kann. Entscheidend ist aber, ob bei deinem Verbraucherdarlehensvertrag etwas anderes gelten soll. Hier ist der Schadensersatzanspruch der Bank nach der Rechtsprechung nun begrenzt.

So hatte der BGH entschieden, dass nach der Kündigung eines Immobiliendarlehens durch die Bank ihr Schadenersatzanspruch auf die Verzugsverzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beschränkt ist. Daneben kann sie keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Dies hat am 15.01.2013 der Bundesgerichtshof in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens XI ZR 512/11 erklärt, wie die Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) am 01.02.2013 mitteilt (becklink 1024714). Auch in dem dortigen Fall hatte der Darlehensnehmer auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung geklagt. Nach den eindeutigen hinweisen des Bundesgerichtshofes hat die Betroffene Bank, mit Blick auf die negative Bedeutung für die Finanzwirtschaft, die Rückforderungsansprüche des gekündigten Darlehensnehmers bezüglich der Vorfälligkeitsentschädigung anerkannt (Anerkenntnisurteil vom 17.01.2013, BeckRS 2013, 01968; vgl. becklink 1024714).

Noch die Vorinstanz hatte anders entschieden: So hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Anspruch der Bank auf zusätzlichen Erfüllungsschaden bejaht (WM 2012, 2280). Hiergegen legte der Darlehensnehmer Revision ein. In der mündlichen Verhandlung wiesen die BGH-Richter auf Aspekte hin, die aus ihrer Sicht für die Argumentation des Darlehensnehmers und für die Aufhebung des Berufungsurteils sprachen. So seien zum Zeitpunkt der Darlehenskündigung im Jahr 2004 bereits die seit Anfang 2003 geltenden Reglungen der §§ 488 ff. im BGB maßgebend gewesen. Demzufolge sei zunächst der Verzugszins nicht wie von der Bank gefordert mit dem Basiszins plus 5 Prozentpunkte, sondern nur mit einem Aufschlag von 2,5 Prozentpunkten festzusetzen.

Die Geltendmachung eines zusätzlichen Erfüllungsschadens, der analog zur Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, steht nach Ansicht des BGH im Widerspruch zum Sinn der gesetzlichen Regelungen bei Verbraucherkrediten. Dies gilt sowohl für § 497 Abs. 1 BGB als auch für die Vorgängerregelung des § 11 Abs. 1 VerbrKrG. Banken dürften aus der Notlage eines Kunden kein Kapital schlagen, indem sie den am entgangenen Vertragszins orientierten Erfüllungsschaden fordern. Gerechtfertigt ist grundsätzlich nur der Verzugszins nach § 497 Abs. 1 BGB. Nur wenn die Bank einen konkret auf das Darlehen bezogenen höheren Schaden, etwa durch die Refinanzierungskosten nachweist, kann sie einen höheren Schaden verlangen.

Entscheidendes Argument des Bundesgerichtshofes ist an dieser Stelle, dass die Vorschriften über die Verbraucherkredite gerade dem Schutz des Verbrauchers dienen (hierzu auch: BeckOK BGB/Cosima Möller BGB § 497 Rn. 6, 7). Banken dürfen deshalb aus der Notlage eines Kunden kein Kapital schlagen indem Sie den am entgangenen vertragszinsorientierten Erfüllungsschaden fordern und gleichzeitig weitergehenden Schaden geltend machen.

Weiter streitet für den BGH, dass es sich bei § 497 BGB um eine abschließende Regelung handelt. Der Umfang des vom Darlehensnehmer zu leistenden Schadensersatzes wird in § 497 Abs. 1 abschließend bestimmt (MüKoBGB/Schürnbrand BGB § 497 Rn. 7 - 20; zu § 11 VerbrKrG: OLG Zweibrücken ZIP 2000, 2198, 2199; Staudinger/Kessal-Wulf § 497 Rn 15; BeckOK BGB/Cosima Möller BGB § 497 Rn. 3-6, insbesondere Rz. 6a). Sofern der Darlehensgeber den Schaden abstrakt berechnet, steht ihm daneben kein weiter gehender Schadensersatzanspruch zu (BeckOK BGB/Cosima Möller BGB § 497 Rn. 3-6, 7). 

Über den in § 497 Abs. 1 BGB bestimmten Umfang hinaus besteht kein weiterer Schadensersatzanspruch, so dass Abs. 1 insoweit abschließend ist (so auch MK/Schürnbrand § 497 Rn 18). Insbesondere kann auch der eigene Verwaltungsaufwand nicht als Verzugsschaden geltend gemacht werden (OLG Karlsruhe BeckRS 2013, 22396; MK/Schürnbrand Rn 18; Palandt/Weidenkaff Rn 5).

Die Obergerichte haben sich zwischenzeitlich der Entscheidung angeschlossen. So führt etwa das OLG Frankfurt (vgl. OLG Frankfurt a.M. Urteil vom 03.12.2014 - Aktenzeichen 17 U 130/14 = BeckRS 2015, 09123) in einer aktuellen Entscheidung folgendes aus:

 Auch wenn die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung als solche inhaltlich nicht in Frage gestellt wird, ist grundsätzlich mit dem BGH (Anerkenntnisurteil vom 17.01.2013 - BGH Aktenzeichen XI ZR 512/11) davon auszugehen, dass § 497 Abs. 1 BGB als Sondervorschrift für die Schadensberechnung bei Krediten, die wegen Zahlungsverzugs gekündigt werden, neben dem gesetzlichen Anspruch auf Verzugszinsen keinen Anspruch auf eine abstrakt zu berechnende Vorfälligkeitsentschädigung zulässt. Solange sich der Schuldner in Verzug befindet, schließt die Regelung in § 497 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 die Geltendmachung einer weitergehenden Vorfälligkeitsentschädigung als zusätzlichen Erfüllungsschaden aus. Nach der gesetzlichen Regelung zum Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § 497 Absatz 1 BGB ist die Klägerin somit weder berechtigt, den eigenen Verwaltungsaufwand als Verzugsschaden geltend zu machen, wenn sie gleichzeitig Verzugszinsen gemäß § 497 Absatz 1 Satz 1 BGB verlangt, noch kann sie außerhalb eines Verzögerungsschadens eine Vorfälligkeitsentschädigung als entgangenen Gewinn im Sinne der §§ 280, § 249, 252 BGB erfolgreich geltend machen."

 

III. Verjährung

Auch in Sachen Verjährung hilft der BGH weiter. Die kenntnisabhängige dreijährige Verjährung des § 199, 195 BGB beginnt nicht vor Ende 2013 zu laufen. Davor war die Rechtslage unsicher und die Klageerhebung unzumutbar (BGH, Urteile vom 28.10.2014, Az. XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14), da der Bundesgerichtshof erstmals in dem Verfahren (Anerkenntnisurteil vom 17.01.2013, BeckRS 2013, 01968) zu den weiteren Schadensersatzansprüchen der Bank bei Kündigung Stellung genommen hat.

Verjährungseintritt für Altforderungen ist damit der 31.12.2016. Es ist allerdings die Oberrgrenze des § 199 IV BGB zu berücksichtigen. Kenntnisunabhängig tritt Verjährung nach 10 Jahren ein.

 

IV Folgen für die Praxis

Wer seine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern will, sollte dies bis Ende 2016 und damit vor Verjährungseintritt erledigen.

 

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